Spektakulaeres Eingestaendnis der Deutschen Flugsicherung |
Geschrieben von Jürgen Meyer | |
Tuesday, 28. February 2012 | |
Pressemitteilung 29.02.2012
Der Vorsitzende der „Gemeinschaft Hegbachsee e.V.“, Rechtsanwalt Jürgen Meyer, war als Vorstandsmitglied des Vereins „Lebenswertes Nauheim e.V.“ bei einer nichtöffentlichen Veranstaltung im Anschluss an eine Sitzung der Gemeindevertretung mit anwesend. Die Deutsche Flugsicherung versuchte in dieser Veranstaltung vom 23.02.2012, den Sinn der massiven Südüberfliegung insbesondere über Nauheim zu erklären. Dabei erwiesen sich die beiden Vertreter der Deutschen Flugsicherung sprachgewandt und vorbereitet, soweit sie ohnehin bekannte Phrasen verbreiten durften. Anders war es bei Fragen, die nicht in das Schema der DFS passten. Die DFS informierte zunächst darüber, dass bei Westwetterlage derzeit 135 Überflüge über Nauheim stattfinden, ab 20.09.2012 sollen es dann 196 Überflüge sein. Während derzeit nur leichte und mittelschwere Flugzeuge Richtung Süden starten, werden es ab September 2012 auch schwere und superschwere Maschinen sein. Ausgangspunkt einer Frage an die DFS war die groteske Situation, dass die DFS Flugzeuge, die nach Norden bzw. Nordwesten fliegen wollen, zunächst auf einen Spazierflug nach Süden schickt. Erst nach einem brutalen Überflug über Nauheims Dächer, Schulen, Straßen, Gärten und Erholungsgebiete drehen die Flugzeuge in einem großen Bogen in genau die Richtung ab, aus der sie gerade gekommen sind. Es erscheint absurd, dass einer solchen Routenführung der Plan vernunftbegabter Menschen zugrunde liegen könnte. Tatsächlich dürfte diese Routenführung ein Beleg dafür sein, dass die Verantwortlichen bei der Planung der neuen Landebahn offenbar so geschlampt haben, dass ihnen jetzt nur noch großflächige Umwege über das Rhein-Main-Gebiet in den Sinn kommen. In diesem Zusammenhang mussten die Vertreter der DFS einräumen – spektakulärer kann ein Offenbarungseid nicht ausfallen -, dass sie keine Ahnung davon haben, wie viel Kilometer mehr ein Flugzeug durch den Umweg in den Süden gegenüber einem Direktabflug zurücklegen muss und wie viel Mengen zusätzlichen Kerosins dabei verbraucht werden. In Zeiten, in denen jede Großstadt grüne Plaketten einführt, um die Schadstoffbelastung einzugrenzen, spielt es für die DFS nach ihrem blamablen Eingeständnis keine Rolle, wie massiv sie einen ohnehin hoch belasteten Ballungsraum mit Feinstaub und anderen Schadstoffen zusätzlich befrachtet. Gemeinschaft Hegbachsee und Lebenswertes Nauheim werden noch prüfen lassen, wie hoch die Mehrbelastung für das Rhein-Main-Gebiet durch die Spazierflüge in den Süden ist. Nach vorläufiger Schätzung gehen wir davon aus, dass jeder Südüberflug mit einem zusätzlichen Kerosinverbrauch von mindestens 500 Liter verbunden sein dürfte. Dies entspricht bei 196 Überflügen täglich einer Gesamtmenge von 98000 (in Worten: achtundneunzigtausend) Liter Kerosin, die verschwendet werden und für die gesamte Region eine vermeidbare gesundheitliche Mehrbelastung darstellen. Mit diesem täglichen (!) Mehrverbrauch fährt ein Kleinwagen mit einem durchschnittlichen Verbrauch von 5 Liter jeden Tag 1960000 (in Worten: eine Million neunhundertsechzigtausend) km. Damit wird deutlich, dass die Südüberfliegung eine empörende ökologische Komponente enthält, die so nicht hinnehmbar ist und auch bei den Verantwortlichen - so sie sich verantwortlichem Handeln verpflichtet fühlen - zu einem Umdenken führen sollte. Nicht minder spektakulär waren Aussagen der DFS zu den Abwägungskriterien und deren Bewertung durch eine alles andere als inkompetent zu bezeichnende Berufsgruppe. Die DFS hatte zunächst und zu diesem Zeitpunkt noch routiniert erläutert, dass bei der Routenführung Sicherheitsaspekte vorrangig seien. Unmittelbar danach seien Kapazitätsgründe, also wirtschaftliche Interessen zu berücksichtigen, während der Schutz der Bevölkerung nachrangig sei. Ein Vertreter der DFS bestätigte es gegenüber den ungläubigen Zuhörern (was den Schutz der Bevölkerung betrifft) wörtlich in einem kurzen Satz. „Ja, das ist so.“ Zu den Sicherheitsgründen führte die DFS aus, ein Abflug nach Norden sei risikoreich, weil sich nördlich von der Startbahn die neu gebaute Landebahn befinde. Es sei immer mit einem Fehlanflug zu rechnen, so dass eine Kollisionsgefahr zwischen einer startenden und einer während des Landeanflugs durchstartenden Maschine bestehe. Unabhängig davon, dass mögliche Planungsfehler beim Bau der neuen Landebahn nicht mit erhöhter Schmutzbelastung für die gesamte Region kompensiert werden dürfen, gibt es auch erhebliche Sicherheitsbedenken beim Abflug nach Süden. Auch beim Abflug nach Süden „stört“ eine südlich der Startbahn befindliche Landebahn, auch dort kann es zu Kollisionen mit Flugzeugen kommen, die im Landeanflug durchstarten müssen. Auf diese Sicherheitsbedenken hatte interessanterweise gerade die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) mit umfassender Begründung hingewiesen und ausgeführt, dass die Südüberfliegung einen „für Fluglotsen wesentlich kritischeren Kollisionskurs“ beinhaltet. Es sind also ausgerechnet die Fluglotsen, diejenigen, die in der täglichen Praxis für die Sicherheit im Luftverkehr verantwortlich sind, die die Südüberfliegung aus Gründen der Sicherheit ablehnen. Der DFS wurden die Bedenken der GdF vorgehalten und auch jetzt war es vorbei mit gefälligen Formulierungen der Vertreter der DFS. Ohne dass sie auf die Bedenken inhaltlich eingingen, hieß es lapidar: „Die Fluglotsen wollen doch immer nur geradeaus fliegen“. Ein bemerkenswerter Satz, eine unglaubliche Diffamierung der Fluglotsen und deren Urteilsvermögen. Tatsächlich bevorzugt die GdF den Geradeausflug als sicherste Variante. Die Südumfliegung tauge unter Sicherheitsaspekten nur, so die GdF, wenn an ihre Genehmigung eine (etwas) höhere Anflugsstaffelung als der jetzt vorgeschriebene horizontale Abstand zwischen den anfliegenden Maschinen gekoppelt sei. Dann aber, so die GdF weiter, sei auch die Beibehaltung der heutigen Nordabflugstrecken problemlos möglich. Es gibt also entgegen den Verlautbarungen der Betreiber und der DFS durchaus Alternativen, den Flugbetrieb so zu koordinieren, dass die Region unter Umweltgesichtspunkten nicht mehr als unbedingt nötig belastet wird. Abschließend eine kurze Anmerkung zu der Kampagne „Ja zu Fra“ des Flughafenbetreibers Fraport. Dieser Slogan verschleiert die Problematik in manipulativer Weise, indem suggeriert wird, dass den Befürwortern des Flughafens Flughafengegner gegenüberstehen. Fraport weiß genau, dass der Flughafen in der Bevölkerung überhaupt nicht in Frage steht. Dies ist aber kein Freibrief für lärmterroristische Aktivitäten und verantwortungslose Umweltverschmutzung des Betreibers. Fraport ist es nicht gelungen, eine Balance zwischen einem sozialverträglichen Flughafen und eigenen wirtschaftlichen Interessen zu finden. Es ist Aufgabe der Bevölkerung und der Politik, Fraport wieder zu resozialisieren. Jürgen Meyer Vorstandsvorsitzender |
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