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Nachtflugverbot: Es wird weiter getrickst
Geschrieben von Jürgen Meyer   
Saturday, 9. June 2012
Pressemitteilung Gemeinschaft Hegbachsee e.V. vom 10.06.2012

Nach der im Eilverfahren ergangenen Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10.10.2011 und dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.04.2012 besteht am Frankfurter Flughafen ein Nachtflugverbot in der Zeit von 23.00 Uhr bis 5.00 Uhr.

Trotz dieser gerichtlichen Anordnungen ist festzustellen, dass auch nach 23.00 Uhr Flugbewegungen stattfinden und die Nachtruhe stören. In der Nacht vom 11.05. auf den 12.05.2012 kam es im Zeitraum von 23.00 Uhr bis 0.00 Uhr zu massiven nächtlichen Fluglärmangriffen auf Nauheim. Der Unterzeichner hatte das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, das für Ausnahmegenehmigungen zuständig ist, mit Schreiben vom 14.05.2012 um Klärung gebeten.

Das Ministerium hat mit Schreiben vom 04.06. und 08.06.2012 Stellung genommen. Die Auskunft war nur insoweit erwartungsgemäß, als es den Zeitraum von 0.00 Uhr bis 5.00 Uhr betrifft. In dieser Zeit werden, so das Ministerium, entsprechend dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich keine Starts und Landungen genehmigt. Eine Ausnahmegenehmigung kann nur nach § 6 des Planfeststellungsbeschlusses in besonderen Ausnahmefällen erteilt werden. Besondere Ausnahmefälle, die Starts und Landungen ausnahmsweise erlauben, sind ausdrücklich nur Katastrophen- oder medizinische Hilfseinsätze. Darüber hinaus können Landungen genehmigt werden, die aus meteorologischen, technischen oder sonstigen Sicherheitsgründen Frankfurt anfliegen müssen.

Soweit, so gut. Von hoher Brisanz ist demgegenüber die Antwort des Ministeriums, soweit es den Zeitraum von 23.00 Uhr bis 0.00 Uhr betrifft. Wer glaubte, das Hessische Wirtschaftsministerium und mit ihm die Landesregierung werde - wie nach außen stets bekundet - das Nachtflugverbot in vollem Umfang umsetzen, sieht sich getäuscht. Mit perfiden Tricks wurde und wird offenbar daran gearbeitet, das gerichtlich angeordnete Nachtflugverbot wenigstens teilweise auszuhebeln.

Das Wirtschaftsministerium vertritt in den Schreiben vom 04.06. und 08.06.2012 die Auffassung, dass trotz Nachtflugverbot Starts nach Ziffer 5 des Planfeststellungsbeschlusses auch in der Zeit von 23.00 Uhr bis 0.00 Uhr im Einzelfall genehmigt werden können, wenn die Verspätung auf Gründen beruht, die außerhalb des Einflussbereichs des jeweiligen Luftverkehrsunternehmens liegen. Entscheidend sind also – anders als zwischen 0.00 und 5.00 Uhr - nicht besondere und konkret bezeichnete Ausnahmesituationen. Die Startgenehmigung kann bereits dann erteilt werden, wenn die Fluggesellschaft die Verzögerung nicht zu vertreten hat. Mit dieser Sichtweise wird das Nachtflugverbot in unerträglicher Weise aufgeweicht. Nahezu jede Verzögerung planmäßiger Flugbewegungen ermöglicht im Ergebnis Starts bis 0.00 Uhr.

Die Erklärungen des Wirtschaftsministeriums sind besonders interessant, wenn man sie vor dem Hintergrund der von Herrn Posch, Hessischer Wirtschaftsminister bis zum 31.05.2012, initiierten „Planklarstellung“ betrachtet. In ungewöhnlicher Eile und in einem bis dahin nicht bekannten Verfahren, dessen Rechtmäßigkeit zumindest zweifelhaft sein dürfte, hat Posch noch vor Eingang der schriftlichen Urteilsgründe das Urteil ohne Bürgerbeteiligung „umgesetzt“. Mit der Planklarstellung, von Posch an seinem vorletzten Arbeitstag unterzeichnet, ist für die Landesregierung die Debatte um das Nachtflugverbot beendet, es sei gewährleistet, dass „null Nachtflüge“ (O-Ton Posch) im Zeitraum von 23.00 Uhr bis 5.00 Uhr stattfinden.

Und tatsächlich sind nach der „Planklarstellung“ keine planmäßigen Flüge zwischen 23.00 und 5.00 Uhr erlaubt. Wer wollte Posch widersprechen, wenn er in seiner Regierungserklärung zur „Planklarstellung“ durchaus überzeugend erläutert, dass weniger als 0 Nachtflüge nicht möglich seien und dass es, um dieses Ergebnis zu erzielen, keiner erneuten Anhörung bedarf. Was Posch verschweigt: nach der hinterhältigen Interpretationstechnik des Wirtschaftsministeriums sind planmäßige Flüge, die sich verspäten, keine planmäßigen Flüge mehr und damit Starts auch nach 23.00 Uhr genehmigungsfähig – sofern die Verspätung außerhalb des Einflussbereichs der Fluggesellschaft liegt. Das Tricksen und Belügen geht weiter.

Jürgen Meyer Vorstandsvorsitzender
 
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